Minimalistisch planen: das Bullet Journal

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Der Klassiker, Moleskine dotted, den ich vom Format her sehr fein finde, auch wenn die meisten Stifte schon recht durchscheinen. Fürs nächste Bujo habe ich schon ein Dingbats-Notebook bestellt, da soll anscheinend weniger durchscheinen – ich bin mal gespannt, bis jetzt finde ich auch das Moleskine ganz ok.

Also eines mal gleich vorweg: wie minimalistisch bzw. nicht-minimalistisch jemand plant, hängt natürlich grundsätzlich weniger vom Planungsmedium, sondern mehr von der Fülle an Planungsmaterial ab. Somit ist der Titel zwar gut gemeint und thementechnisch wegweisend, trotzdem aber auch ein wenig irreführend. Was ich damit vor allem verdeutlichen will, ist der Umstand, dass das offene Konzept eines Bullet Journals individuelle Interpretationen der Handhabung ermöglicht, innerhalb derer sich mein “minimalistisch planen” wiederfindet. Als denn, damit wäre das mal geklärt. 🙂

Das hatten wir doch schon mal …

Das mit dem Bullet Journal an sich habe ich schon vorletztes Jahr mal für einige Zeit probiert, damals allerdings eher ein wenig halbherzig, vor allem im Vergleich zu meinem aktuellen Versuch. Ein altes Notizbuch, das ich mal bei Aldi gekauft hatte, ein paar Youtube-Videos mit Anleitungen und Tipps und der Eindruck, dass ein Bullet Journal für manche mehr eine graphisch-malerische Berufung denn schlicht ein Organisationstool ist (was an sich nichts schlechtes sein muss, mich aber damals mit meinem eher, ähm, reduzierten und wenig kreativ-farbenfrohen Design völlig überfordert hat), und das war’s. Ich fand die Bullet Journals der anderen alle ganz wunderbar und schrecklich praktisch, mein eigenes jedoch nicht. Was dem Erfolg des Versuchs dann eher abträglich war.

Nun also ein neuer Versuch, diesmal sogar mit einem eigens dafür angeschafften Notizbuch (Moleskine dotted) und mit mehr Freude am allgemeinen und gestalterischen Schaffen. Ziel der Unternehmung – und damit auch der Grund, warum ich überhaupt irgendwas als “minimalistisch planen” betitle – ist die Vereinigung all meiner Notizbedürfnisse in einem Buch. Das meint Kalendar, To-Do-Listen, Wunschlisten, Blogideen, Textideen, Arbeits/Dissertationsnotizen und auch Tagebuch – alles in einem.

 

Ein Bullet Journal für alles?

Das bedeutet natürlich zum einen, dass dieses Bullet Journal nach ein paar Monaten bereits voll sein wird (aktuell bin ich seit etwa Mitte Juni dabei und bereits auf S. 100 von insgesamt 225 Seiten), was weiterführend auch heißt, dass ich manch wichtige Notiz (etwa meine Wunschbücher, meine “What to cook”-Liste u.ä.) öfter in ein neues Buch übertragen werde müssen als andere, die für manches getrennte Notizbücher führen; zudem werde ich wahrscheinlich in vergleichsweise kürzerer Zeit mehr Journals ansammeln (und auf diese doch irgendwie besser aufpassen müssen, da ich ja auch sehr persönliche Tagebucheinträge reinpacke…).

Andererseits bedeutet das für mich und mein ADHS-Hirn aber vor allem eines: alles an einem Platz. Wenn ich eine Notiz suche, weiß ich jetzt, wo ich suchen muss. Wenn ich was notieren will, gibt es jetzt den einen und einzigen Platz, wo ich das tue. Mein Dissertationsnotizbuch ist auch noch nicht ganz voll, deshalb kommen die Studinotizen inzwischen noch da rein; wenn das dann auch mal voll ist, dann kommt auch alles zur Diss ins Bullet Journal. Damit versuche ich – die Königin des Zettelwerks und der freilaufenden Post-Its – dem Chaos in meinem Kopf und um mich herum Herrin zu werden … minimalistisch und ADHS-freundlich. Mit einem Labelmaker kann ich den Zeitraum, in welchem das betreffende Notizbuch im Einsatz war, am Buchrücken notieren und habe so dann auch Anhaltspunkte, um mich auf etwaiger Notizsuche orientieren zu können.

In der Theorie klingt das alles ganz furchtbar gut strukturiert und leicht nach einem kleinen Monk-Effekt (in meiner Welt auch als Resioma-Effekt berühmt-berüchtigt). Inwieweit sich das langfristig durchsetzen kann, werde ich rausfinden.

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Wie man sieht: Doodling und Hand Lettering ist (noch) nicht so meines, aber an sich macht die Sache auch verspielt Spaß.

 

Läuft? Läuft!

Bis jetzt lässt es sich mal ganz gut an, ich nutze mein neues Bullet Journal seit etwa Mitte Juni (genauer gesagt, seit dem 11. Juni) und bin richtig glücklich damit. Vor allem der Umstand, dass ich jetzt nicht mehr gefühlte 50 Notizbücher für jeden gedanklichen Hasenfurz habe, sondern alles an einem Platz vereint ist, erleichtert mir meine Abläufe und freut mich auch irgendwie richtig – wer das Gefühl kennt, seiner Zeit und seinem Leben ständig hinterherzulaufen, wird vielleicht verstehen, was ich meine.

Neben den klassischen Kalender-Layouts für den jeweiligen Monat und die Wochen habe ich bis jetzt jeden Monat ganz optimistisch auch noch ein “Gratitude Log” und ein “Spending Log” inkludiert. Die haben es zwar noch nicht so weit geschafft, dass ich damit ganz brav täglich arbeite, aber manch gut Ding will wohl noch mehr Weile haben, deshalb werde ich das jetzt auf jeden Fall noch einige Zeit so mitgestalten.

Die Habit- und Moodtracker funktionieren da schon besser. Das liegt aber wohl auch daran, dass ich immer interessiert bin, mögliche Muster hinter meinen psychischen Befindlichkeiten zu entdecken, die mir das Leben mit mir selbst jenseits diverser Medikationen erleichtern. Grad deshalb scheint mir ein “Gratitude Log” vom Konzept her – den Fokus auf die positiven Dinge zu legen – eine gute Idee zu sein.  

Das Journal passt größentechnisch in die meisten meiner Taschen und in meine Rucksäcke, ich kann es also fast immer überallhin mitschleppen und habe immer genau das richtige Notizbuch mit – ein völlig neues Lebensgefühl. Wenn nichts anfällt, dann setze ich mich abends meist kurz mal hin, um die kommenden Tage zu planen und zu strukturieren, was demnächst so ansteht. Und wenn ich es mal einen Abend nicht mache, dann bricht die Welt auch nicht zusammen, es geht schließlich nicht um ein perfektes System, sondern um eines, das für mich funktioniert. Und das tut es bis jetzt mal …